14.05.2010 Gegen die EU Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung

Gegen die EU Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung


Seit über 3 Jahren kämpfen wir gegen die Vorratsdatenspeicherung mit

Der augenblickliche Stand ist viel versprechend.

Klage beim EuGH

Am 02.03.2010 wurde das Urteil zur Verfassungsklage gegen die Vorratsdatenspeicherung verkündet. Die Vorratsdatenspeicherung ist nach dem bestehenden Gesetz unzulässig und alle gespeicherten Daten sind zu löschen. Das Gericht folgte aber nicht den Klägern in der Feststellung, dass Vorratsdatenspeicherungen grundsätzlich unverhältnismäßig und damit unzulässig sind.

Auch in Rumänien hat das Verfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung für unzulässig erklärt. Schweden hat sich trotz Bußgeldandrohung durch die EU geweigert ein entsprechendes Gesetz zu erlassen. In Belgien und Österreich werden die Gesetzgebungen hinaus gezögert. Selbst in der EU Kommission ist man inzwischen dazu bereit die EU Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung zu überprüfen.

Im April hat ein irisches Gericht die Überprüfung der Vorratsdatenspeicherung im Hinblick auf die Verletzung der Menschenrechte an den EuGH weiter geleitet.


BKA weiterhin für  Vorratsdatenspeicherung

Trotzdem hat sich jetzt (Mai 2010) das BKA für eine Vorratsdatenspeicherung stark gemacht.

In einem Bericht des Bundeskriminalamtes wird vor den möglichen Folgen nach dem Bundesverfassungsgerichts Urteil zur Vorratsdatenspeicherung gewarnt. Schaut man sich diesen Bericht genau an, so stellt man fest, dass alle genannten Beispiele unzutreffend oder nicht durch Zahlenmaterial geschützt werden.


Die weiter in dem Bericht genannten Einzelbeispiele wurden bereits bei der Verhandlung zur Vorratsdatenspeicherung beim Bundesverfassungsgericht widerlegt, siehe  http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/schriftsatz_2009-09-22.pdf

In diesem Schriftsatz zur Klage gegen die Vorratsdatenspeicherung beim Bundesverfassungsgericht heißt es:
"3. In den meisten der von der Bundesregierung genannten Fälle ist nicht dargetan, dass Vorratsdaten zur Identifizierung und Überführung des Täters erforderlich gewesen wären und nicht die Nutzung ohnehin gespeicherter Abrechnungsdaten, eine Fangschaltung oder eine Speicheranordnung im Einzelfall ausgereicht hätten.

4. In den meisten der übrigen von der Bundesregierung genannten Fälle ist nicht dargetan, dass die gewünschten Vorratsdaten die Identifizierung und Überführung des Täters ermöglichen würden oder ermöglicht hätten. Die Bundesregierung lässt außer Acht, dass Verkehrsdaten in vielen Fällen nicht zur Identifizierung oder
Überführung des Täters führen, etwa wegen der Vielzahl von Verschleierungs- und Anonymisierungsmöglichkeiten.

5. Die Bundesregierung hat nicht dargetan, ob und in wie vielen der Fälle Vorratsdaten einen Einfluss auf den Verfahrensausgang gehabt hätten. Viele Strafverfahren werden auch bei vorhandenen Verkehrsdaten eingestellt, wie die Untersuchung des Max-Planck-Instituts zeigt.

6. Die verbleibenden der von der Bundesregierung angeführten Beispielsfälle wären auch bei Begehung der Straftat durch unmittelbare oder schriftliche Kommunikation nicht nachvollziehbar gewesen.

7. Das Aufklärungsinteresse, welches sich aus den angeführten Einzelfällen ergibt, besteht unverhältnismäßig selten gemessen an der Reichweite und Eingriffstiefe der flächendeckenden und anlasslosen Vorratsdatenspeicherung.

Die von der Bundesregierung angeführten Fälle mittels Telekommunikation begangener Straftaten lassen sich zweckmäßigerweise in zwei Fallgruppen
unterscheiden: In der ersten Fallgruppe nutzt der Täter elektronische
Kommunikationsmedien, um seine Identität zu verbergen oder darüber zu täuschen (z.B. Stalking, Beleidigung/Verleumdung, Bedrohung, Betrug, Vortäuschen einer Straftat, Phishing). In der zweiten Fallgruppe nutzt der Täter die Telekommunikation, um verbotene Informationen einverständlich mit einem anderen auszutauschen (z.B. Kinderpornografie, Volksverhetzung, Werben für terroristische Vereinigung, Verletzung
des Dienstgeheimnisses). Dass sich Telekommunikationsnetze zu diesen Zwecken einsetzen lassen, ist unbestreitbar. Es ist aber schon ausführlich aufgezeigt worden, dass man auch im unmittelbaren Kontakt miteinander weitgehend anonym ist und dass ein konspirativer Informationsaustausch auch im unmittelbaren Kontakt miteinander möglich ist (z.B. Gespräche, Übergabe von Aufzeichnungen oder Datenträgern). Erst recht gilt dies für die Möglichkeit postalischer Kommunikation.
Eine einmalige Kontaktaufnahme mit Unbekannten lässt sich in all diesen Fällen nur schwer nachvollziehen; es handelt sich um keine Besonderheit der elektronischen Kommunikation. Im Fall wiederholter Kontaktaufnahme ist eine Rückverfolgung im Bereich elektronischer Kommunikation durch die Möglichkeit einer Fangschaltung sogar einfacher möglich als eine Rückverfolgung anonymer Briefe. Wegen der Einzelheiten nehme ich auf das Parallelverfahren Bezug, in welchem die Vor- und Nachteile anonymer Kommunikation bereits umfassend behandelt worden sind.

Was das Argument der Terrorismusbekämpfung oder des Vorgehens gegen schwere Straftaten angeht, so ist nicht ersichtlich, dass wirksame Gefahrenabwehr oder die Aufklärung von Straftaten gerade durch die Vorratsdatenspeicherung hätte ermöglicht werden können. Wesentliche Aufklärungserfolge – etwa nach dem Attentat von Madrid – wurden gerade ohne die Vorratsdatenspeicherung erzielt.

Die schon vor Einführung der Vorratsdatenspeicherung weit überdurchschnittliche Aufklärungsrate im Bereich von Netzkriminalität belegt, dass sich elektronische Kommunikation insgesamt gesehen leichter nachvollziehen lässt als mündliche oder schriftliche Kommunikation. Einer anlasslosen Aufzeichnung sämtlicher Kontakte bedarf es folglich im Bereich elektronischer Kommunikation ebenso wenig wie im Bereich mündlicher oder schriftlicher Kommunikation."

Abschließend lässt sich feststellen, dass das Bundeskriminalamt in seiner Stellungnahme keine (neuen) Argumente für eine Vorratsdatenspeicherung anbringen kann. Völlig am Ziel vorbei schließt der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, jedoch mit einer Behauptung, die vor einigen Tagen in verschiedenen Zeitungen zu lesen war:

"Niemand käme heute auf die Idee, die Kennzeichnung am Pkw mit einem Generalverdacht gegen unschuldige Kfz-Besitzer gleichzusetzen", sagt BKA-Präsident Ziercke.

Herr Ziercke, was soll so ein Apfel-mit-Birnen-Vergleich?
Die Kennzeichen an den Autos entsprechen den Ruf- oder IP-Nummern, die wir ja wohl alle weiterhin verwenden. Es geht bei der Vorratsdatenspeicherung gerade nicht um eine Kennzeichnung sondern um die anlasslose Speicherung unseres Verhaltens.

Diese hat das Bundesverfassungsgericht in seinen Urteilen bei der
Vorratsdatenspeicherung genauso verboten wie bei der automatischen Kennzeichenerfassung von Kfz.



Die Hintergründe zur Vorratsdatenspeicherung finden Sie hier: /themen/88-definitionen/872-vds
Der offene Brief an die Bundesjustizministerin: /themen/polizei-a-geheimdienste/1279-20100419-keine-neue-vorratsdatenspeicherung
Ein Brief an die Bundeskanzlerin mit der Aufforderung auf die Vorratsdatenspeicherung zu verzichten aus dem Jahr 2007: /themen/polizei-a-geheimdienste/1650-20070924-brief-an-frau-merkel-zur-vorratsdatenspeicherung


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Tags: #FsaMitteilung #EU #Vorratsdatenspeicherung #Ueberpruefung #BKA #Irland #Schweden #Oesterreich #Rumaenien #Polizei
Erstellt: 2010-05-14 11:51:06
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