04.03.2014 Polizei speichert Daten von Demo-Anmeldern

Polizeiliche Vorratsspeicherung von Versammlungen in Berlin

Schon wieder eine (unzulässige) Vorratsdatenspeicherung - diesmal bei der Berliner Polizei. Sie speichert personenbezogene Daten von Menschen, die öffentliche politische Veranstaltungen angemeldet haben, in einer Datenbank mit so interessanten Feldern wie vdb, vdb2, dienstdhu, better, news, krimskrams, ... Datenbanken mit so unbestimmten und vor allem als Freitextfelder angelegten Eingabemasken können nur zu Falschverdächtigungen und Missbrauch führen.

Eine konkrete Rechtsgrundlage für die Verarbeitung und Speicherung der Anmelderdaten kann die Polizei nicht vorweisen. Sie verweist auf 48! Paragraphen des Berliner ASOG. Welcher mag denn zutreffen? Ersichtlich keiner!

Hinzu kommt, dass auf diese Datenbank über 2000 Beamte in Berlin Zugriff haben. Ein Missbrauch der Daten ist damit vorprogrammiert.  Der Berliner Datenschutzbeauftragter hat in seinen Jahresberichten diese Datenbank noch nicht einmal erwähnt.

Nach unserer Ansicht handelt es sich um einen klaren Verstoß gegen das Urteil des BVerfG zur Informationellen Selbstbestimmung (BVerfGE 65,1). Dort steht deutlich:

Wer damit rechnet, daß etwa die Teilnahme an einer Versammlung oder einer Bürgerinitiative behördlich registriert wird und daß ihm dadurch Risiken entstehen können, wird möglicherweise auf eine Ausübung seiner entsprechenden Grundrechte (Art. 8, 9 GG) verzichten. Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist. [...]

Bei seinen Regelungen hat der Gesetzgeber ferner den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dieser mit Verfassungsrang ausgestattete Grundsatz folgt bereits aus dem Wesen der Grundrechte selbst, die als Ausdruck des allgemeinen Freiheitsanspruchs des Bürgers gegenüber dem Staat von der öffentlichen Gewalt jeweils nur soweit beschränkt werden dürfen, als es zum Schutz öffentlicher Interessen unerläßlich ist (BVerfGE 19, 342; st Rspr). Angesichts der bereits dargelegten Gefährdungen durch die Nutzung der automatischen Datenverarbeitung hat der Gesetzgeber mehr als früher auch organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken (vgl. BVerfGE 53, 30; 63, 131).

Aktion Freiheit statt Angst protestiert energisch gegen diese Einschränkung unserer demokratischen Grundrechte.

Nur durch energisches nachfragen auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes gab es überhaupt dazu eine Antwort aus dem Polizipräsidium. (s. https://fragdenstaat.de/anfrage/errichtungsanordnung-der-stadtweiten-veranstaltungsdatenbank/ )

Weitere Informationen dazu bei http://www.heise.de/newsticker/meldung/Berliner-Polizei-speichert-Daten-von-Demo-Veranstaltern-2127559.html
und https://netzpolitik.org/2014/polizeiliche-vorratsspeicherung-von-versammlungen-in-berlin/
und http://www.datenschutzbeauftragter-info.de/demonstrationsrecht-in-der-berliner-praxis/

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Kommentar: RE: 20140304 Polizei speichert Daten von Demo-Anmeldern

Das Thema wurde am Montag auch im Datenschutz-Ausschuss diskutiert. Der Berliner datenschützer Dix will sich um das Thema kümmern und Kontakt mit der Polizei aufnehmen. (s. https://twitter.com/pfadintegral/status/440503952548065280 )

Jochen, 05.03.2014 6:52


 RE: 20140304 Polizei speichert Daten von Demo-Anmeldern

Eine Speicherung für die Zeit zwischen Anmeldung und Durchführung ist zu diskutieren, auch wenn die genauen Rechtsgrundlagen sehr schwammig sind. Die Dauer von 3 Jahren ist in jedem Fall unzulässig und rechtswidrig, weil es schlicht an der datenschutzrechtlich notwendigen "Erforderlichkeit" mangelt, vergleiche § 42 I ASOG und § 9 I BlnDSG.

Josef, 05.03.2014 14:54


 


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Tags: #Ueberwachung #Berlin #Polizei #Anmelderdatei #Aktivitaet #FsaMitteilung #Versammlungsrecht #Vorratsdatenspeicherung #Videoueberwachung #Grundrechte #Rasterfahndung #ZentraleDatenbanken
Erstellt: 2014-03-04 07:47:47
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