11.11.2016 Finanzgericht bestätigt Gemeinnützigkeit von Attac

Hessisches Finanzgericht gibt Globalisierungskritikern recht

Gemeinnütziges zivilgesellschaftliches Engagement schließt politischesHandeln nicht aus

Herzlichen Glückwunsch! Aktion Freiheit statt Angst gratuliert attac zu ihrem Sieg vor dem Finanzgericht in Kassel. Nach 2 Jahren Streit um die Gemeinnützigkeit hat attac klar gewonnen (zum Hintergrund siehe z.B. Zweierlei Maß bei Finanzämtern ).

Wir dokumentieren dazu die Presseeklärung von attac:

Richter bestätigen Gemeinnützigkeit von Attac

Attac ist gemeinnützig. Das politische Engagement des Netzwerkes gegen die neoliberale Globalisierung steht seiner Gemeinnützigkeit nicht entgegen. Das hat das Hessische Finanzgericht in Kassel am heutigen Donnerstag entschieden. Die Richter gaben damit der Klage von Attac gegen das Finanzamt Frankfurt statt. Dieses hatte dem Netzwerk im April 2014 die Gemeinnützigkeit entzogen mit der Begründung, es sei zu politisch. Eine Revision ließen die Richter nicht zu.

In ihrer Urteilsbegründung folgen die Richter der Argumentation der Globalisierungskritiker, dass das Gesetz, die Abgabenordnung, gemeinnützigen Vereinen nicht grundsätzlich politische Aktivitäten verbietet. Dem Gesetzgeber sei es lediglich darum gegangen, eine (indirekte) Förderung politischer Parteien auszuschließen.

Ausschlaggebend für die Gemeinnützigkeit eines Vereins sei die Frage, ob er die in seiner Satzung benannten Zwecke verfolgt. Die Richter betonten, dass politische Aktivitäten einer Gemeinnützigkeit nicht entgegenstehen, sofern sie im  Gesamtkontext eines gemeinnützigen Zwecks stehen und eingebettet sind in ein umfassendes Informationsangebot.

Gemeinnützige Zwecke wie Bildung, die Förderung des demokratischen Staatswesens oder Völkerverständigung seien dabei ohne Einflussnahme auf die politische Willensbildung kaum zu verfolgen. Insbesondere die gemeinnützigen Zwecke der Bildung (die auch politische Bildung umfasst) und der Förderung des demokratischen Staatswesens seien weiter zu fassen, als es das Finanzamt vertrete.

"Dieses Urteil ist ein Sieg für die gesamte Zivilgesellschaft und eine Ohrfeige für das Frankfurter Finanzamt. Eine moderne Demokratie braucht kritische Bürgerinnen und Bürger und starke Nichtregierungsorganisationen, die politische Entscheidungsprozesse aktiv begleiten und sich einmischen. Zivilgesellschaft und Politik sind nicht unterschiedliche Sphären, sondern gehören untrennbar zusammen. Das hat das Gericht anerkannt", sagte Dirk Friedrichs vom Vorstand des
Attac-Trägervereins nach der Verhandlung. "Mit dem Engagement für eine demokratische Kontrolle der Wirtschaft, für soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit verteidigt Attac selbstlos das Gemeinwohl gegen mächtige wirtschaftliche Einzelinteressen. Wir freuen uns, dass wir uns nun wieder auf unsere Arbeit konzentrieren können und nicht mehr durch die Auseinandersetzung um die Gemeinnützigkeit behindert werden."

Infolge der Entscheidung des Finanzamts durften Mitglieder und Unterstützer der Attac-Arbeit ihre Beiträge und Spenden nicht mehr von der Steuer absetzen, Stiftungen und andere Institutionen konnten Projekte von Attac nicht mehr fördern.

Attac setzt sich ein für eine Umverteilung des globalen Reichtums, eine strenge Regulierung der Finanzmärkte, einen gerechten Welthandel und umfassende soziale Sicherheit. Aktuell engagiert sich das Netzwerk vor allem gegen die geplanten Freihandelsabkommen der EU mit Kanada und den USA. Bei von Attac mit organisierten Demonstrationen sind am 17. September bundesweit mehr als 300.000 Menschen gegen CETA und TTIP auf die Straße gegangen.

Attac wurde in dem Prozess vertreten durch Dr. Till Müller-Heidelberg, Fachanwalt für Steuerrecht.

Weitere Informationen:
Klagebegründung (PDF): www.attac.de/klagebegruendung
Zusammenfassung (PDF): www.attac.de/lesehilfe-klagebegruendung

"Dokumentation: Aberkennung der Gemeinnützigkeit von Attac Deutschland
durch das Finanzamt Frankfurt" (PDF): www.attac.de/dokumentation
Webseite "Jetzt erst recht – Attac bleibt gemeinnützig": www.attac.de/jetzt-erst-recht

Hintergrund
Mit der Behauptung, Attac sei zu politisch, entzog das Finanzamt Frankfurt dem Netzwerk am 14. April 2014 die Gemeinnützigkeit. Insbesondere der Einsatz für eine Finanztransaktionssteuer oder eine Vermögensabgabe diene keinem gemeinnützigen Zweck, hieß es zur Begründung. Attac legte umgehend Einspruch ein, den das Finanzamt nach mehr als anderthalb Jahren im Januar 2016 zurückwies. Attac reichte daraufhin Klage ein.

Die Entscheidung des Finanzamts bedeutete, dass die Mitglieder und Unterstützer der Attac-Arbeit ihre Beiträge und Spenden nicht mehr von der Steuer absetzen konnten. Dennoch traten nach dem Entzug der Gemeinnützigkeit viele Menschen unter dem Motto "Jetzt erst recht" dem globalisierungskritischen Netzwerk bei. Auch die Anzahl und Höhe der Spenden stieg an ...

Gemeinsam mit anderen Organisationen hat Attac die Gründung der Allianz "Rechtssicherheit für politische Willensbildung" angestoßen, die im Juli 2015 die Arbeit aufgenommen hat. Der Allianz setzt sich für ein modernes Gemeinnützigkeitsrecht und eine Änderung der Abgabenordnung. Ihr angeschlossen haben sich mehr als 60 Vereine und Stiftungen - darunter neben Attac beispielsweise auch Brot für die Welt, Amnesty International, Medico International, Oxfam, Terres des Hommes und Campact. (www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de)

Was ist Attac?
Attac ist die Abkürzung für die französische Bezeichnung "Association pour une Taxation des Transactions Financières pour l'Aide aux Citoyens – auf Deutsch: "Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen im Interesse der Bürger/innen". Ausgehend von der Forderung nach einer Entwaffnung der Finanzmärkte befasst sich das Netzwerk mit der gesamten Bandbreite der Probleme neoliberaler Globalisierung. Attac setzt sich ein für eine stärkere demokratische Kontrolle der Wirtschaft; Politik soll sich an den Leitlinien von Gerechtigkeit, Demokratie und ökologisch verantwortbarer Entwicklung ausrichten. Weltweit haben sich Attac rund 90.000 Menschen in mehr als 40 Ländern angeschlossen. Attac Deutschland – im Jahr 2000 in Frankfurt am Main gegründet – hat mehr als 29.000
Mitglieder, 170 Regionalgruppen sowie mehr als 100 Mitgliedsorganisationen, deren Spannweite von den Gewerkschaften Verdi und GEW über den Umweltverband BUND oder die katholische Friedensorganisation Pax Christi bis hin zu kapitalismuskritischen Gruppen reicht.


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Kommentar: RE: 20161111 Finanzgericht bestätigt Gemeinnützigkeit von Attac

Liebe Freundinnen und Freunde von Attac, liebe Mitglieder,

wer sich politisch engagiert, kennt Momente, in denen der Unterschied zwischen Rechts- und Obrigkeitsstaat körperlich spürbar wird. Ein solcher Moment war die Urteilsverkündung in der Verhandlung um Attacs Gemeinnützigkeit vor dem Hessischen Finanzgericht in Kassel. Nachdem uns das Frankfurter Finanzamt zweieinhalb Jahre lang aus kaum nachvollziehbaren Gründen Steine in den Weg gelegt hatte, hat das Gericht am Donnerstag vergangener Woche Klarheit geschaffen:

Attac ist gemeinnützig. Das politische Engagement gegen die neoliberale Globalisierung ist mit unserer Gemeinnützigkeit vereinbar. In ihrer Urteilsbegründung stellen die Richter fest: Politische Aktivitäten stehen einer Gemeinnützigkeit nicht entgegen, sofern sie im Gesamtkontext eines gemeinnützigen Zwecks stehen und in ein umfassendes Informationsangebot eingebettet sind.

Dieses Urteil ist ein Sieg für die gesamte Zivilgesellschaft und eine Ohrfeige für das Frankfurter Finanzamt. Eine moderne Demokratie braucht kritische Bürgerinnen und Bürger und starke Nichtregierungsorganisationen, die politische Entscheidungsprozesse aktiv begleiten und sich einmischen. Zivilgesellschaft und Politik sind keine unterschiedliche Sphären, die eine ist vielmehr Teil der anderen. Das hat das Gericht anerkannt.

Wir freuen uns, dass wir uns nun wieder ganz auf unsere Arbeit konzentrieren können und bedanken uns für Deine und Ihre Unterstützung in dieser Zeit! Newsmeldung: www.attac.de/news/8977
Hintergrund und Kampagne "Jetzt erst recht" www.attac.de/jetzt-erst-recht

Mit herzlichen Grüßen aus Frankfurt
Attac Bundesbüro, Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M., 17.11.2016 16:49



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Tags: #Grundrechte #Menschenrechte #Friedenserziehung #Pressemitteilung #Arbeitnehmerdatenschutz #Verbraucherdatenschutz #attac #Gemeinnuetzigkeit #Finanzamt #Klage #FsaMitteilung
Erstellt: 2016-11-11 08:17:36
Aufrufe: 2130

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