17.11.2020 Kommt das Parlament seiner Aufgabe nach?

Welche Hilfen werden gebraucht?

Uli Gellermann von der Rationalgalerie hatte kürzlich in einem Offenen Brief an die Abgeordnete der Linken, Sevim Dagdelen, an diese und die Partei appelliert den Einsatz für die Freiheits- und Grundrechte der Menschen nicht zu vergessen.

Er stellte darin fest, dass "das Recht der Menschen auf körperliche Unversehrtheit in unserem Land seit Monaten gegen das Recht auf Freiheit ausgespielt wird. Mit einem regierungsamtlich plakatierten Kampf gegen ein Virus werden Grundrechte eingeschränkt. Von der Demonstrationsfreiheit bis zur Meinungsfreiheit. Längst steht das „Infektionsschutzgesetz“ faktisch über dem Grundgesetz."

Er wünschte sich, dass "das Parlament die Möglichkeit nutzt, Themen öffentlich zu erörtern (...) und stellte fest, dass mit der Pleite-Welle eine wachsende Arbeitslosigkeit einher geht. Ist die Alternative „gesund aber arbeitslos“ wissenschaftlich fundiert? Redet der Bundestag darüber? Denkt die Linkspartei darüber nach? Es wird im Ergebnis der Corona-Direktiven bald viel mehr Menschen ganz unten geben."

Sevim Dagdelen antwortete ihm ebenfalls mit einem Offenen Brief, in dem sie den Vorwurf der Untätigkeit zurückwies und auflistete welche Anstrengungen die Linke in diesem Jahr u.a. im Bundestag unternommen hat, eine Poitik für die überwältigende Mehrheit der Menschen im Land zu fordern. Sie schrieb:

Lieber Uli Gellermann,

vielen Dank für die lobenden Worte für meine politische Arbeit. Deinen offenen Brief habe ich gleichwohl mit Bedauern gelesen.

DIE LINKE im Bundestag muss sich nicht zurückmelden im Kampf gegen Demokratie-Abbau, gegen die Arbeitslosigkeit und für die Rechte der Kinder – sie führt ihn unentwegt. Man muss fest beide Augen vor der Realität verschließen, will man nicht sehen, dass meine Fraktion die soziale Katastrophe infolge der Corona-Pandemie anhaltend zum Thema macht und statt dessen wie Du lieber schlagzeilt: „FDP protestiert, LINKE schweigt“.

 Ohne Anspruch auf Vollständigkeit hier eine Übersicht über die Anträge und Anfragen der Fraktion DIE LINKE zur Verteidigung von Freiheit und Demokratie, von Demonstrations- und Meinungsfreiheit, für soziale Sicherheit und internationale Kooperation in der Krisenbewältigung

Anträge Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag

Anfragen der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag:

Der genaue Wortlaut der Anträge und Anfragen lässt sich leicht über die Homepage des Deutschen Bundestages (www.bundestag.de) unter Eingabe der Drucksachennummer finden und herunterladen.

Gerne rufe ich in diesem Zusammenhang auch meine jüngste Stellungnahme vom 31.10.2020 zum so genannten „Lockdown light“ in Erinnerung:

„Auf Beschluss von Bundeskanzlerin Merkel und den Ministerpräsidenten der Länder werden Restaurants, Bars, Theater, Kinos, Sportplätze und Schwimmbäder allesamt geschlossen – und damit ausgerechnet Einrichtungen, die sich noch mit am besten auf die Hygieneregeln zur Corona-Abwehr eingerichtet haben. Es ist ein Skandal, wie der Bundestag und auch die Länderparlamente von der Exekutive bei den Corona-Entscheidungen ignoriert worden sind. Die in Aussicht gestellten Ausgleichszahlungen und Überbrückungshilfen sind Augenwischerei. Statt unbürokratisch und rasch Hilfe zu leisten, kommt ein Bürokratiemonster, das die meisten von den Zwangsschließungen wirtschaftlich Betroffenen von den versprochenen Leistungen fernhält. Dabei herrscht bei unzähligen kleinen Gewerbetreibenden doch auch so schon Land unter, wie #AlarmstufeRot eindrücklich dokumentiert. In der Kultur Tätige sind im Rahmen der Pandemie-Bekämpfung seit Monaten faktisch zum Berufsverbot verdammt und noch immer (!) hat diese Bundesregierung für sie keine Perspektive.

Während Räume mit Sicherheitskonzepten dicht machen müssen, werden die Bürgerinnen und Bürger weiter ins volle Risiko geschickt, wenn sie in öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren. An Abstand halten ist da in aller Regel nicht zu denken. Warum werden die Waggonreihen in den Zügen nicht verlängert und die Takte der Buslinien verkürzt? Fahrer sind doch da, die ganze Reisebranche liegt danieder …

Unsere Kinder dürfen draußen nicht mehr Fußball spielen, sollen aber bei geöffneten Fenstern in vollen Klassenzimmern sitzen und bibbernd lernen??! Das ist natürlich günstiger als die Luftfilteranlagen, die in den vergangenen Monaten hätten längst angeschafft werden müssen. Von mittelfristigen Perspektiven ganz zu schweigen. Die brauchen wir dringend – für die Schulen, in der Pflege und in den Kliniken. Corona wird nicht die letzte Epidemie sein, die uns fordert. Wo ist der Plan von Bund und Ländern, die Klassen zu verkleinern, wo ist der Plan, im ganz großen Stil Lehrkräfte zu gewinnen, die wir um der Zukunft unserer Kinder willen schon lange so dringend brauchen? Frieren im gelüfteten Klassenzimmer, das kann es auf Dauer ja wohl nicht sein! Das gleiche gilt für die Krankenhäuser mit ihren unsäglichen Fallpauschalen und dem seit Jahren fehlenden Personal.

Wir dürfen nicht diejenigen bestrafen, die in der Corona-Krise ohnehin schon bluten, die sich Gedanken machen, wie sie ihr Geschäft oder ihre Kneipe unter Einhaltung der Hygiene-Regeln weiter betreiben können. Während jeder Dritte in Deutschland finanziell schlechter gestellt wird, legen die Superreichen richtig zu. Amazon-Chef Jeff Bezos und die anderen Internetriesen sind die besten Beispiele – und die größte Sauerei. Noch immer zahlen die Tech-Konzerne kaum Steuern. Eine Vermögensabgabe und Reichensteuer für Multimillionäre und Milliardäre ist überfällig. Der Mensch muss in den Mittelpunkt, nicht der Profit. Wer Gesundheit als Gewinnmaschine betreibt, der spielt mit Leben. Schluss damit! Statt von Lockdown zu Lockdown zu hangeln, brauchen wir einen Politikwechsel für eine sozial gerechte Gesellschaft. Auf Merkel und die Ministerpräsidenten brauchen wir da nicht warten …“

Lieber Uli Gellermann,

sei versichert: DIE LINKE steht an der Seite derjenigen, die in Sorge um ihre soziale Sicherheit auf die Straße gehen wie zuletzt bei den Protesten von #AlarmstufeRot am Brandenburger Tor in Berlin. Ich würde mir wünschen, dass noch viel, viel mehr Menschen diese gerade für die Beschäftigten in der Kulturbranche, für Soloselbständige und Kleingewerbetreibende existentiellen Kämpfe unterstützen. Für die Kosten der Corona-Krise müssen die Reichen und Superreichen in die Pflicht genommen werden. Die Proteste müssen hier lauter und größer werden. Die Fokussierung der Corona-Debatte auf das Für und Wider des Maskentragens lenkt hiervon leider vollkommen ab. Statt mit aller Macht die soziale Frage auf die Agenda zu nehmen werden Glaubensfragen verhandelt, mit fragwürdigen Bündnispartnern noch dazu.

DIE LINKE steht weiterhin an der Seite derjenigen, die auch und gerade in Corona-Zeiten Demokratie und Freiheitsrechte verteidigen und vor deren Beschneidung durch die Bundesregierung warnen. Ich selbst habe dem im März von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ nicht zugestimmt und dies zusammen mit anderen Mitgliedern meiner Fraktion in einer persönlichen Erklärung auch begründet (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/19/19154.pdf#P.19191). Und ich werde auch der am 3. November in den Bundestag eingebrachten diesbezüglichen Gesetzesvorlage die Unterstützung verweigern. Ich begrüße es ausdrücklich, wenn Grundrechtseinschränkungen auch den Gerichten bis hin zum Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt werden. Ich finde es falsch und gefährlich, Kritikerinnen und Kritiker der Maßnahmen zur Corona-Eindämmung pauschal und unisono in die rechte Ecke zu stellen oder als „Covidioten“ zu diffamieren.

Wofür ich kein Verständnis habe, wogegen ich mich entschieden ausspreche und was ich auch verurteile, sind gemeinsame Proteste mit Neonazis und Reichsbürgern, wie sie bei vielen Aktionen im Zusammenhang mit der Corona-Krise leider zu beobachten sind. Ich finde es nach wie vor wichtig und richtig, dass Linke und Demokraten an der Abgrenzung gegen rechts festhalten. Neonazis und Reichsbürger haben in unseren Reihen nichts zu suchen – und Linke und Demokraten nichts an ihrer Seite.

Ich freue mich, wenn Du meine Antwort auf Deinen offenen Brief den Leserinnen und Lesern der Rationalgalerie zugänglich machst.

Beste Grüße

Sevim

Mehr dazu bei https://cooptv.wordpress.com/2020/11/15/covid-19-debatte-sevim-dagdelen-vs-ulli-gellermann/
und https://www.rationalgalerie.de/home/fdp-protestiert-linke-schweigt


Kommentar: RE: 20201117 Kommt das Parlament seiner Aufgabe nach?

Ja, danke Sevim für den Satz: Wo ist der Plan von Bund und Ländern, die Klassen zu verkleinern, wo ist der Plan, im ganz großen Stil Lehrkräfte zu gewinnen,
Wann, wenn nicht jetzt wäre die Möglichkeit kleinere Klassen einzurichten. Damit könnten viele Ungerechtigkeiten im Schulalltag und auch unsere PISA Ergebnisse nachhaltig verbessert werden.
Zu "nachhaltig" passen die 9 Milliarden für die, noch 3 Milliarden Börsenwert habende Lufthansa wie die Faust aufs Auge. Viele weitere Beispiele: Autoförderung statt ÖPNV-Verbesserung, ebenfalls Dank an Sevim, Prestige-Regionalflughäfen statt Bahn-Ausbau, ...

Irma, 17.11.20 09:36


Kategorie[21]: Unsere Themen in der Presse Short-Link dieser Seite: a-fsa.de/d/3cN
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Tags: #Corona #Maßnahmen #Freizügigkeit #Verhaltensänderung #Bundestag #Parlament #Gellermann #Dagdelen #OffenerBrief #Linke #Opposition #Kritik #Einschränkung #Armut #Überwachung #Kinder #Schulen
Erstellt: 2020-11-17 07:26:46
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