20.12.2009 Urteile zwischen Überwachung und Grundrechtsschutz

Urteile zwischen Überwachung und Grundrechtsschutz

Eine Rückschau zum Jahreswechsel

11. März 2008: Eine automatisierte Massenkontrolle von Autokennzeichen per Videokamera ist nur mit klaren gesetzlichen Grenzen rechtmäßig. Entsprechende Polizeibefugnisse in Hessen und Schleswig-Holstein erklären die Karlsruher Richter für verfassungswidrig.

27. Februar 2008: Für Online-Durchsuchungen setzt Karlsruhe hohe Hürden. Das heimliche Ausspähen der Computerfestplatte ist nur zulässig, «wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen». Eine entsprechende Befugnis des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes sei nichtig.

12. Juli 2007: Justiz, Finanzbehörden und Sozialverwaltung dürfen auch heimlich Kontendaten von Bankkunden abrufen, wie etwa Name, Geburtsdatum und Kontonummer. Allerdings dürfen die Behörden nicht «ins Blaue hinein» ermitteln, mahnt Karlsruhe.

25.11.2006: Online-Untersuchungen von PCs sind illegal. Dies ergebe sich aus einem entsprechenden Beschluss, den Ulrich Hebenstreit, Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof (BGH) am 25.11.2006 gefällt hat. Danach seien Anträge der Bundesanwaltschaft auf Online-Durchsuchungen mit Hilfe von Trojanern nicht genehmigungsfähig, weil dem schweren Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung "die notwendige gesetzliche Gestattung" fehle.

13. Oktober 2006: Die Polizei darf Fahndungsgeräte einsetzen, mit denen sich die Standorte eingeschalteter Handys ermitteln lassen, urteilt das Gericht.

23. Mai 2006: Die nach den Terroranschlägen vom September 2001 eingeleitete Rasterfahndung war rechtswidrig. Solche massenhaften Datenerhebungen sind laut Gericht nur bei «konkreter Gefahr für hochrangige Rechtsgüter» zulässig.

2. März 2006: Verbindungsdaten, die auf Handys und Computern gespeichert sind, dürfen grundsätzlich bei der Beschlagnahme solcher Geräte sichergestellt werden. Allerdings muss der Datenschutz beachtet werden, entscheidet das Gericht.

4. April 2006: Beschluss vom 4. April 2006 1 BvR 518/02 Das Bundesverfassungsgericht hat die Rasterfahndung eingeschränkt. Eine umfassende Datenerhebung ist nur noch zulässig, wenn eine konkrete Gefahr für Leib und Leben oder den Bestand des Staates droht. Die bundesweite Rasterfahndung nach so genannten Schläfern in der Zeit nach dem 11. September 2001 war verfassungswidrig. Die Entscheidung hat bundesweite Bedeutung, weil die Rasterfahndung über alle Bundesländer hinweg koordiniert war. Gesucht wurde damals nach männlichen Studenten oder Ex-Studenten islamischen Glaubens zwischen 18 und 40 Jahren, die aus arabischen Ländern stammten. Durch die koordinierte Aktion hatten die Polizeibehörden mehr als acht Millionen Datensätze ermittelt; allein in Nordrhein- Westfalen waren es mehr als fünf Millionen.

27. Juli 2005: Das vorbeugende Abhören von Telefonen ohne konkreten Tatverdacht ist nur unter strengen Voraussetzungen zulässig. Der erste Senat kippt eine entsprechende Befugnis im niedersächsischen Polizeigesetz.

3. März 2004: Das Gesetz zum Großen Lauschangriff ist zu großen Teilen verfassungswidrig. Die Verfassungsrichter mahnen einen stärkeren Schutz der Privatsphäre beim Abhören von Wohnungen an. Urteil des Ersten Senats vom 3. März 2004 - 1 BvR 2378/98 - und - 1 BvR 1084/99 -  Zur Unantastbarkeit der Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 GG gehört die Anerkennung eines absolut geschützten Kernbereichs privater Lebensgestaltung. In diesen Bereich darf die akustische Überwachung von Wohnraum zu Zwecken der Strafverfolgung (Art. 13 Abs. 3 GG) nicht eingreifen.

Mehr dazu bei http://www.zeit.de/newsticker/2009/12/15/iptc-bdt-20091215-208-23296012xml
und http://www.aktion-freiheitstattangst.org/themen/definitionen/995-gesetzestexte

 


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Erstellt: 2009-12-20 10:56:04
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