IST DAS ANGEKÜNDIGTE „VERSAMMLUNGSFREIHEITSGESETZ“ FÜR BERLIN BESSER ALS DER IST-ZUSTAND?

Beginn: Di, 01. Aug 18:00 CEST 2020
Ende:   Di, 01. Aug 20:00 CEST 2020
Ort:   weltweit
Kontakt: http://berlin.humanistische-union.de
Tags: Versammlungsrecht, Lauschangriff, Überwachung, Vorratsdatenspeicherung, Videoüberwachung, Rasterfahndung, Datenbanken, Freizügigkeit, Unschuldsvermutung, Verhaltensänderung, Arbeitnehmerdatenschutz, Verbraucherdatenschutz, Datenschutz, Datensicherheit,

HU-BB-Gespräche


Unsere nächste Veranstaltung - und der (vorläufig) finale und grandiose
Abschluss unserer kleinen innenpolitischen Reihe (denn wir denken daran,
ein Gespräch über Bodycams in Berlin zu führen):

HU-BB-GESPRÄCHE: IST DAS ANGEKÜNDIGTE „VERSAMMLUNGSFREIHEITSGESETZ“ FÜR
BERLIN BESSER ALS DER IST-ZUSTAND?

Als SPD, Linke und Bündnis 90/Die Grünen 2016 ihren Koalitionsvertrag
„Berlin gemeinsam gestalten. Solidarisch. Nachhaltig. Weltoffen."
vorstellten, lobte die Humanistische Union Berlin-Brandenburg die vielen
guten bürgerrechtlichen Projekte. Seitdem herrschte in der Innenpolitik
ein Stillstand, der erst vor wenigen Wochen durch die Präsentation von
Änderungen im ASOG (dem Berliner Polizeigesetz), eines
Versammlungsfreiheitsgesetz und der Stelle einer unabhängigen
Polizeibeauftragten aufgelöst wurde.

Über den Entwurf zum Berliner Versammlungsfreiheitsgesetz reden wir am_

Dienstag, den 18. August 2020,

um 18.00 Uhr Uhr
in https://vk1.minuskel.de/b/axe-2pm-3p7

mit

Sebastian Schlüsselburg (MdA, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion
Die Linke),

Burkard Dregger (MdA, CDU),

Stephan Kelm (stellvertretender Landesvorsitzender Gewerkschaft der
Polizei) und
Michèle Winkler (Referentin, Komitee für Grundrechte und Demokratie).


Seit der Föderalismusreform von 2006 dürfen Bundesländer
Versammlungsgesetze beschließen, die dann das gültige
Bundesversammlungsgesetz ablösen. Bis jetzt haben nur wenige
Bundesländer ein eigenes Versammlungsgesetz beschlossen. Auch Berlin
beließ es bei einer für die Polizei Bild- und Tonaufnahmen
ermöglichenden Ergänzung zum Bundesversammlungsgesetz.

In den vergangenen Jahren wurde Berlin zur Hauptstadt der Versammlungen.
2019 gab es über 5350 Versammlungen. Fast alle verliefen friedlich.
Thematisch präsentierten sie das gesamte Spektrum von Meinungen und
politischen Konflikten in Berlin, Deutschland und auch dem Rest der
Welt. Wenn gegensätzliche Meinungen aufeinandertrafen, gelang es der
Polizei, dass beide Meinungen sich Gehör verschaffen konnten. Immer
wieder strittig sind die Auflagen für das Durchführen einer Versammlung
und die anschließende Durchsetzung dieser durch die Polizei.

Berlin will mit seinem Versammlungsfreiheitsgesetz, so nennt die
Regierungskoalition ihren Entwurf, ein deutschlandweites Vorbild für ein
demokratieförderndes und grundrechtskonformes Versammlungsgesetz
liefern.

Sebastian Schlüsselburg (MdA, Die Linke): „Mit diesem Gesetz schaffen
wir bundesweit eines der liberalsten Versammlungsgesetze und stärken die
Rechte der Demonstrant*innen. Künftig werden die gerade zu Corona-Zeiten
vielfach verletzten Rechte auf Gegenproteste in Hör- und Sichtweite und
der ungehinderte Zugang zu Versammlungen ausdrücklich im Gesetz
geregelt. Das Vermummungs- und Schutzausrüstungsverbot wird bundesweit
einmalig nur noch auf das tatsächliche Verwenden zu dem unter Strafe
stehenden Zwecken gekappt."

Frank Zimmermann (MdA, SPD): „Wir schaffen ein modernes
Versammlungsrecht, das einen effektiven Grundrechtsschutz bietet und an
die guten Erfahrungen der Berliner Praxis aus zwei Jahrzehnten anknüpft.
Gleichzeitig regeln wir präzise Eingriffsbefugnisse der Polizei und
stellen damit die erfolgreiche Arbeit der Berliner Polizei auf eine
sichere Rechtsgrundlage. Das Gesetz setzt aber auch dem Missbrauch der
Versammlungsfreiheit durch rassistische und gruppenbezogene
Menschenfeindlichkeit oder durch Gewalttaten klare Grenzen."

Benedikt Lux (MdA, Bündnis 90/Die Grünen): „Demonstrationen gehören zu
einer lebendigen Demokratie. Höchste Zeit also, dass wir das
Versammlungsrecht ins 21. Jahrhundert holen! Bundesweit erstmalig
schreiben wir das in Berlin seit Jahren erfolgreiche Deeskalationsgebot
für Versammlungsbehörde und Polizei gesetzlich fest. Das macht unsere
Grundsatzhaltung deutlich: Im Zweifel für die Versammlungsfreiheit. Auch
die Bannmeile für das Parlament wird erheblich reduziert, so dass
künftig auch gegenüber dem Abgeordnetenhaus demonstriert werden kann."

Burkard Dregger (MdA, CDU): „Wir prüfen den Gesetzentwurf zu einem
Berliner Versammlungsgesetz derzeit. Es ergeben sich eine Vielzahl von
ungelösten Rechtsfragen, weshalb sich die Frage stellt, wozu das Gesetz
erforderlich ist, verfügen wir doch über ein bewährtes
Versammlungsgesetz des Bundes und umfangreiche Rechtsprechung hierzu,
die zusammen genommen für ein Höchstmaß an Versammlungsfreiheit sorgen.

Ein Teil der Regelungen der rot-rot-grünen Koalition dient erkennbar dem
Zweck, den Krawalltourismus zu befördern. Wenn z.B. in § 27 die
Durchführung von nicht angemeldeten Versammlungen unter freiem Himmel
nicht mehr als Straftat behandelt werden, so ist das ein Entgegenkommen
gegenüber den Krawallmachern, die den 1. Mai als Tag der Arbeit zu Hass
und Gewalt missbrauchen und die dortige 18-Uhr-Demonstration regelmäßig
nicht anmelden.

Unzureichend geregelt sind auch die Einsatzmöglichkeiten der Polizei, um
Gewalt aus Demonstrationen heraus wirksam zu bekämpfen.

Ferner fehlen die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen für das
Verbot der alljährlichen Al-Quds-Demonstrationen. Wenn man schon ein
neues Versammlungsgesetz schafft, dann sollten die
Verbotsvoraussetzungen hierfür punktgenau geregelt werden. Dabei geht es
um Aufzüge, die direkt oder indirekt zur Vernichtung Israels aufrufen
und/ oder antisemitische Hassparolen verbreiten. Eine derartige Regelung
wäre auch zum Schutze anderer bzw. aller Staaten denkbar."

Stephan Kelm (GdP): „Die bisherige Vorlage kann nur ein erster Entwurf
sei. In der Vorlage sind viele Dinge enthalten, bei denen noch
Gesprächsbedarf herrscht. Dass Video- und Tonaufnahmen in Zukunft
grundsätzlich offen erfolgen müssen, behindert polizeiliche Maßnahmen
und wird so nicht funktionieren. Wir sehen auch Klärungsbedarf bei der
Ermöglichung des ungehinderten Zugangs zu einer Versammlung, der
Regelungen zur Vermummung, den Wegfall vom Tatbestand Zusammenrottung,
der Nichtregelung auf sonstige Veranstaltungen und der Erkennbarkeit der
anwesenden Polizeikräfte. Meine Kolleginnen und Kollegen schützen die
Versammlungsfreiheit und der Begriff Deeskalation wurde in Berlin
erfolgreich erprobt. Wir fordern die gleiche Kooperation vom
Versammlungsleiter und stehen für Gewaltverhinderung. Dieses Gesetz in
dem Entwurf trägt nicht zur Gewaltabschöpfung bei, sondern fördert diese
gegenüber der Polizei."

Michèle Winkler (Komitee für Grundrechte und Demokratie): „Die
Versammlungsfreiheit hat in der parlamentarischen Demokratie einen nicht
zu unterschätzenden Stellenwert, da sie das unmittelbarste Werkzeug
gelebter Demokratie darstellt und eine der wenigen Möglichkeiten
darstellt, sich außerhalb der Parlamente wirksam Gehör zu verschaffen.
Insofern ist ein Gesetzesvorhaben, das antritt die Versammlungsfreiheit
zu schützen und zu fördern, sehr begrüßenswert. An diesem Anspruch muss
sich das nun vorgelegte „Versammlungsfreiheitsgesetz" messen lassen. Wir
stellen aber fest, es greift an einigen Stellen deutlich zu kurz. Es ist
sicher ein Fortschritt, die stehende Rechtsprechung zur
Versammlungsfreiheit in Gesetzesform zu gießen, doch das genügt eben nur
den grundrechtlichen Mindestanforderungen. Darüber hinaus ist wenig Mut
zu mehr Demokratie und Progressivität zu erkennen. Der wohl wichtigste
Kritikpunkt ist das Versäumnis, den Schutz der Versammlungsfreiheit
direkt in die Hände einer eigens zu schaffenden Versammlungsbehörde zu
legen, die mit dem erklärten Auftrag auszustatten gewesen wäre, im Sinne
der freien Grundrechtsausübung zu agieren. Der Gesetzesentwurf überträgt
sämtliche Regelungsvorgaben auf die Polizei, was dem Prinzip der
Polizeifestigkeit von Versammlungen zuwider läuft und allein damit schon
einen einengenden Charakter auf die Versammlungsfreiheit hat.

Auch um die geplanten Möglichkeiten, Versammlungen gänzlich zu
verbieten, wird noch gerungen werden müssen. Nicht zuletzt, weil die
vorgelegten Formulierungen sehr umfangreich, komplex und gleichzeitig
schwammig sind."


Rückschau

Das Gespräch mit Frank Zimmermann (MdA, SPD), Burkard Dregger (MdA, CDU)
und Benjamin Jendro (GdP) zur ASOG-Reform kann hier angesehen werden:

https://www.youtube.com/watch?v=1gFcuZ5kC9s
https://vimeo.com/440798720

Das Gespräch mit Benedikt Lux (MdA, Bündnis 90/Die Grünen), Norbert
Cioma (GdP) und Lukas Theune (RAV) über den Gesetzesentwurf zur
Unabhängigen Polizeibeauftragten kann hier angesehen werden:

https://www.youtube.com/watch?v=pubcMlw09Jw
https://vimeo.com/445631160

_Weiterführende Links_

Gesetzesentwurf der Regierung zum „Versammlungsfreiheitsgesetz Berlin
(VersFG BE)" (Drucksache 18/2764 vom 2. Juni 2020):
https://www.parlament-berlin.de/ados/18/IIIPlen/vorgang/d18-2764.pdf

Die Presseerklärung dazu:
https://www.linksfraktion.berlin/abgeordnete/sebastian-schluesselburg/detail/news/neues-versammlungsfreiheitsgesetz-effektiver-grundrechtsschutz-und-sicherheit/


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