„Weißer Marsch“ von Mopti nach Douentza

Beginn: Mi, 30. Jan 00:00 CET 2013
Ende:   So, 03. Feb 00:00 CET 2013
Ort:   Mali, von Mopti nach Douentza
Kontakt: http://www.dfg-vk.de/
Tags: Militär, Krieg, Frieden, Verfolgung, Flucht, Migration

Basisinitiativen in Mali fordern dialogorientierte Lösung statt militärischer Eskalation im Norden des Landes


Ende Januar oder Anfang Februar 2013 werden
rund 5.000 Menschen zu einem 4-tägigen Friedensmarsch von Mopti nach Douentza
aufbrechen – also von der letzten nicht von islamistischen Milizen gehaltenen
Stadt im Norden Malis zur ersten, die unter islamistischer Besatzung steht.
Mit dem „Weißen Marsch“ (marche blanche), wie ihn die InitiatorInnen von der
malischen Sektion von Afrique-Europe-Interact nennen, soll der vornehmlich von
der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, der EU und Teilen der
malischen Regierung forcierten militärischen Intervention gegen die Islamisten
eine klare Absage erteilt werden. Der Marsch wird mindestens 40.000 Euro
kosten (jenseits individuell getragener Ausgaben), nicht zuletzt für die
aufwändige Logistik in wüstenähnlicher Umgebung sowie Verpflegung und
Transport. Mindestens die Hälfte des Geldes dafür muss in Europa aufgebracht
werden – deshalb rufen wir zu steuerlich abzugsfähigen Spenden auf, ob in
kleinen oder großen Portionen. Denn der Weiße Marsch könnte sich für die
malische Bevölkerung als echte Chance entpuppen, würde sie doch von einer
kriegerischen Auseinandersetzung noch stärker in Mitleidenschaft gezogen
werden, als das heute bereits der Fall ist. Und auch könnte sich das Projekt
einer dialogorientierten Lösung nach zahlreichen fehlgeschlagenen
Interventionen – insbesondere in Afghanistan und Somalia – als
leuchtturmartige Alternative gegenüber dem bis heute insbesondere im „Westen“
als alternativlos geltenden „Krieg gegen den Terror“ erweisen.


Spendenkonto von Afrique-Europe-Interact: *Name:* Globale Gerechtigkeit e.V.
+++ *Kontonummer:* 2032 237 300 +++ *Bank:* GLS Gemeinschaftsbank +++ *BLZ:*
430 609 67 +++ *IBAN:* DE67 4306 0967 2032 2373 00 +++ *BIC:* GENODEM1GLS +++
*Stichwort: *marche blance


Spenden an Afrique-Europe-Interact sind, wie gesagt, steuerabzugsfähig,
außerdem erhalten SpenderInnen stets die neuesten Materialien unseres
Netzwerks wie Filme, Broschüren oder Zeitungen als Dankeschön zugeschickt
(zumindest wenn uns die jeweils aktuelle Adresse bekannt ist). Weitere
Informationen mit zahlreichen Hintergrundanalysen finden sich unter
_www.afrique-europe-interact.net_ ,
unter anderem in einer Anfang Dezember als taz-Beilage veröffentlichten
Massenzeitung von Afrique-Europe-Interact, die in kleiner oder großer Auflage
gerne bei uns bestellt werden kann (vgl. Anhang).


Weitere Hintergrundinformationen zum Weißen Marsch:

Seit Ende Juni 2012 wird der gesamte Norden Malis von drei islamistischen
Milizen – Ansar Dine, Aqmi (Al Quaida im Maghreb) und MUJAO – beherrscht.
Vorausgegangen war eine im Januar 2012 begonnene Rebellion der neu gegründeten
Tuareg-Organisation MNLA sowie ein von großen Teilen der malischen Bevölkerung
bis heute begrüßter Putsch gegen den langjährigen Präsidenten Amadou Toumani
Touré am 22. März 2012. Entsprechend dramatisch sind die Konsequenzen dieser
Mehrfachkrise: Erstens mussten seit Beginn der Auseinandersetzungen knapp
500.000 Menschen fliehen, teils in Nachbarländer, teils in den Süden Malis.
Zweitens hat sich die ohnehin angespannte Ernährungslage im vergangenen Jahr
massiv zugespitzt: Konkret sind derzeit ca. 4,6 Millionen Menschen von
Lebensmittelunsicherheit in Mali bedroht, wobei vom Welternährungsprogramm
gerade mal 360.000 Menschen im Süden und 148.000 im Norden erreicht werden.
Drittens ist seitens der islamistischen Milizen im Norden ein brutales, von
der Bevölkerung nahezu einhellig abgelehntes Scharia-Regime errichtet worden –
mit katastrophalen Konsequenzen insbesondere für Mädchen und Frauen. Viertens
ist die gesamte Wirtschaft des ökonomisch sowieso extrem armen bzw. arm
gemachten Landes negativ betroffen – unter anderem deshalb, weil die reichen
Industrieländer im Zuge des Putsches die sog. Entwicklungshilfe weitgehend
zurückgefahren haben: So mussten allein in der Hauptstadt Bamako im
vergangenen Jahr 20 Prozent der Fabriken schließen, 60 Prozent haben
Entlassungen vorgenommen. Insgesamt haben mehrere zehntausend Menschen ihren
Arbeitsplatz verloren, während gleichzeitig die Preise für Brennstoff, Gas und
Güter des täglichen Bedarfs massiv angestiegen sind, zum Teil um 100 Prozent.

Spätestens vor diesem Hintergrund dürfte verständlich werden, weshalb die
InitiatorInnen des Marsches (der auch von „SADI“ ideell unterstützt wird, der
malischen Schwesterpartei der hiesigen „Linken“) eine militärische Lösung im
Norden strikt ablehnen. Denn Krieg würde lediglich neues Leiden für die
Zivilbevölkerung bedeuten, vor allem steht als größte Sorge (mit Blick auf
vergleichbare Beispiele wie Afghanistan, Somalia, Irak oder Nigeria) die
Gefahr eines nicht enden wollenden Guerillakrieges im Raum – inklusive
Terroranschlägen im Süden des Landes, vor allem in der Millionenmetropole
Bamako. Was die befürchteten direkten Folgen anbelangt, seien exemplarisch
lediglich Schätzungen von UN-nahen Hilfsorganisationen zitiert, wonacheine
militärische Auseinandersetzung im Norden Malis zu weiteren 700.000
Flüchtlingen führen könnte – was im Übrigen auch der Grund ist, weshalb
Algerien zynischerweise begonnen hat, mitten in der Wüste entlang der Grenze
zu Mali einen 1,5 Mrd. teuren High-Tech-Zaun zu errichten.

Wenn von dialogorientierter Lösung die Rede ist, dann sind damit vor allem die
derzeit in Burkina Faso und Algerien laufenden Verhandlungen der malischen
Regierung mit Ansar Dine sowie der Tuareg-Organisation MNLA gemeint. Denn
anders als Aqmi und MUJAO setzt sich Ansar Dine mehrheitlich aus malischen
Kämpfern zusammen. Viele von ihnen sind Tuareg, mehr noch: gegründet wurde
Ansar Dine von dem früheren (damals noch nicht islamistisch orientierten)
Tuareg-Führer Iyad Ag Ghaly, der seit Jahrzehnten eine zentrale Figur des
politischen Lebens in Mali ist. Erwartet wird also, dass es kurz- bis
mittelfristig möglich sein müsste, einen Keil zwischen Ansar Dine einerseits
und Aqmi und MUJAO andererseits zu treiben und dadurch letztere militärisch
und politisch zu isolieren und sie somit – als einem ersten Schritt – wieder
in den äußersten Norden des Landes zu jagen, wo sie bereits seit vielen Jahren
das Transsahara-Schmuggelgeschäft (u.a. Kokain und Zigaretten) mitbestimmen.
An den diesbezüglichen Hoffnungen ändern auch die im Dezember abermals durch
Ansar Dine vorgenommenen öffentlichen Amputationen sowie Zerstörungen von
Heiligtümern wenig – so schwer das Festhalten an friedlichen Optionen unter
derartigen Voraussetzungen erscheinen mag. Denn während die neuerlichen
Attacken hierzulande meist als Beweis für die Notwendigkeit eines baldigen
Militärschlags herhalten mussten, sehen etliche BeobachterInnen in Mali darin
in erster Linie ein taktisches Zugeständnis an Aqmi und MUJAO, mit denen Ansar
Dine zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht den offenen Bruch wagen kann.
Hintergrund ist, dass Ansar Dine auf die militärische Kraft von Aqmi und MUJAO
angewiesen ist, um sich überhaupt im Norden halten zu können, während
umgekehrt Ansar Dine für die sich mehrheitlich aus Nicht-Maliern
zusammensetzenden Koalitionspartner die Rolle des Türöffners insbesondere zu
den großen Städten Kidal, Timbuktu und Gao spielt.

Und doch: So sehr die InitiatorInnen des weißen Marsches auf eine
dialogorientierte Lösung setzen, so klar sind ihre inhaltlichen Forderungen
hinsichtlich der Verhandlungen: Erstens Ablehnung der Scharia ohne jedes
Zugeständnis, zweitens Ablehnung der Errichtung neuer Grenzen, was durch die
Besetzung des Nordens derzeit der Fall ist und drittens Ablehnung des
(neokolonialen) Landgrabbing, den die derzeitige Abtrennung des Nordens de
facto darstellt – eine Formulierung, die vor allem darauf verweist, dass der
Norden Malis nicht nur staubige Wüste ist, sondern geostrategisch umkämpftes
Gelände, auch was Bodenschätze wie Uran, Öl und seltene Erze betrifft.
Jenseits dessen wirbt der Weiße Marsch aber auch für eine wirklich nachhaltige
Verständigung mit den Tuareg im Norden des Landes – nicht nur, weil die MNLA
an den Verhandlungen beteiligt ist, sondern auch weil Ansar Dine ein
erhebliches Interesse an einem solchen Friedensschluss hat (mehr zum
jahrzehntelangen Konflikt zwischen Tuareg-Bevölkerung und malischem
Zentralstaat findet sich auf unserer Webseite sowie in der eingangs erwähnten
taz-Beilage).

Schließlich: Anders als in der hiesigen Berichterstattung immer wieder der
Eindruck erweckt wird, erfreut sich eine dialogorientierte Lösung durchaus
breiter Unterstützung seitens der malischen Bevölkerung. Denn das eine ist der
fraglos starke Wunsch, dass endlich etwas passieren möge, hierzu gehört auch
eine erhebliche Offenheit gegenüber einer militärischen Intervention durch die
malische Armee (von der aber alle wissen, dass diese einen solchen Einsatz
nicht leisten kann). Das andere ist die in großen Teilen der Bevölkerung
ebenfalls deutlich präsente Angst vor einer kriegerischen Eskalation samt
Auswirkungen auf das gesamte Land. Des weiteren umtreibt auch viele die Sorge,
dass eine Stationierung von ECOWAS-Truppen von Teilen der alten politischen
Elite genutzt werden könnte, die seit dem Putsch auf den Weg gebrachten
demokratischen Erneuerungen wieder rückgängig zu machen. Diese Ambivalenz wird
indessen in der Berichterstattung in Europa nahezu komplett ausgeblendet,
zitiert werden fast ausschließlich InterventionsbefürworterInnen, die
natürlich an jeder Straßenecke zu finden sind. In diesem Sinne ist es auch
nicht weiter verwunderlich, dass der von der bekannten
Globalisierungskritikerin und früheren Kulturministerin Malis Aminata D.
Traoré initiierte Aufruf „Frauen in Mali, sagt NEIN zum Stellvertreterkrieg!“
hierzulande kaum Resonanz gefunden hat. In dem von zahlreichen
Frauenrechtlerinnen mitgetragenen und ebenfalls auf unserer Webseite
dokumentierten Aufruf wird nicht zuletzt scharf damit abgerechnet, dass einmal
mehr im Namen von Frauenrechten ein Krieg gegen islamistische Terroristen
geführt werden soll. Denn in Kriegen seien es stets die Frauen, die in erster
Linie die kriegsbedingten Lasten tragen müssten, wie im Aufruf ausführlich
dargestellt wird.

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