31.03.2019 Wahlprüfsteine zur Europawahl
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Fragen an die Kandiatinnen und Kandidaten zur Wahl des EU- Parlaments im Mai 2019

An diesem Wochenende hat Aktion Freiheit statt Angst e.V. die deutschsprachigen Kandiatinnen und Kandidaten zur Wahl des EU- Parlaments um Stellungnahme zu Themen der Privatsphäre und der Sicherheitsgesetzgebung gebeten.

Wir sind auf ihre Antworten gespannt. Diese werden an dieser Stelle  in möglichst übersichtlicher Form veröffentlicht, um allen Menschen eine Hilfestellung bei ihrer Wahlentscheidung zu bieten.


Wahlprüfsteine für die Europawahl im Mai 2019

Berlin, den 31. März 2019

Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie kandidieren für die Wahl zum Europäischen Parlament Wir möchten Sie deshalb um eine kurze Stellungnahme zu Ihren Standpunkten zum Thema Grundrechte, Sicherheit und Überwachung bitten. Wir wollen die Ergebnisse anschließend in übersichtlicher Form veröffentlichen und damit den Bürgern und Bürgerinnen eine Hilfestellung bei ihrer Wahlentscheidung anbieten.

Sollten die Freitextfelder nicht ausreichen, können Sie uns auch gern getrennt von diesem Bogen Antworten zukommen lassen. Wir bitten Sie um Antwort per Mail.
Sie können uns Antworten aber auch auf dem Postweg zusenden.

Mit freundlichen Grüßen
Aktion Freiheit statt Angst e.V.


Die Fragen

1. Cyberkriminalität

Im Zuge der verstärkten Angriffe durch Cyberkriminelle auf zivile Datenbanken und Infrastrukturen zeigen sich immer größere Gefahren bei der zentralen Datenspeicherung. Eine der besten Möglichkeiten zur Datensicherheit ist die Datensparsamkeit.

  • Wie stehen sie zur Forderung nach mehr Datensparsamkeit?
  • Wie kann die Datenminimierung im Sinne der DSGVO gerade in Zeiten von Big Data durchgesetzt und gefördert werden?


2. Identitätsdiebstahl und Umkehrung der Unschuldsvermutung

Im Falle von Identitätsdiebstahl (Biometrische Daten, Finanzdaten, Gesundheitsdaten) können False Positives das Leben der Bürger massiv schädigen, finanzielle Verluste, Wohnung und gesellschaftliches Ansehen können für den Einzelnen zerstört werden.

  • Welche juristischen Möglichkeiten haben geschädigte Bürger zur ihrer Rehabilitation und zur Wahrung ihrer Menschenwürde?
  • Welche Instanzen planen Sie zu stärken, um Geschädigte und Opfer zu schützen?
  • Durch welche Maßnahmen wollen Sie das Prinzip der Unschuldsvermutung stärken?

3. Anonyme Kommunikation

Derzeit ist es zwar erlaubt aber nur schwer bis unmöglich, das Internet anonym zu nutzen. Der ehemalige Datenschutzbeauftragte Peter Schaar hat zuletzt auf der zentralen Veranstaltung im BMJV zum Safer Internet Day das Recht der Bürger auf Anonymität betont.
Anonymität unterstützt die Forderung der DSGVO nach Datenminimierung. Sie ist auch eine Vorkehrung gegen Datendiebstahl, illegalen Datenhandel und Datenmanipulation, die die Sicherheit der Bürger  gefährden.

  • Wie stehen Sie zur anonymen Internetnutzung und zur gesetzlichen Erhaltung derselben?
  • Wie stehen Sie zu technischen Erweiterungen und der Erleichterung der Anonymisierung?
  • Wie stehen Sie zu anonymen Zahlungsmitteln und der Bereitstellung anonymer Zahlweisen im Internet?

4. Smart Home und Haftungsfragen

Haftungsvorschriften bei Smart Home-Systemen (Vernetzung von Haushaltskomponenten via Internet, Audioschnittstellen zu Internetdiensten wie Alexa oder Siri, u.a.) sowie bei autonomen Fahrzeuge sind derzeit praktisch nicht existent. Update-Möglichkeiten für die Software stehen, wenn überhaupt, zeitlich nur kurz zur Verfügung und ist bei Betriebsübernahmen nicht sichergestellt.

  • Was werden Sie zur Stärkung von Verbraucherrechten in solchen Fällen tun?
  • Wie können Sie im Falle von eCall und (verpflichtenden) PKW-Telematiksystemen die informationelle Selbstbestimmung des Menschen schützen und gewährleisten?
  • Wer haftet im Falle eines Missbrauchs oder eines Softwarefehlers?
  • Wer sollte Ihrer Meinung nach haften?
  • Sind europäisch einheitliche Regelungen für Entschädigungen geplant?
  • Wie können für die Betroffenen lange gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden?

5. Störungsfreie Funktion technischer Geräte und fehlerfreie digitale Datensätze

Sicherheitslücken werden von Hackern und Kriminellen erkannt und ausgenutzt. Die Fehlbarkeit der Technik ermöglicht diese Angriffe und der Betroffene hat kaum die Möglichkeit seine Unschuld zu beweisen.

  • Wie kann hier das Verursacherprinzip aufrecht erhalten werden? 
  • Wie kann in jedem Fall die Unschuldsvermutung sicher gestellt werden?

6. Überwachungs- und Transportdrohnen

Seit dem 1. Oktober 2017 gelten verschärfte Regelungen in der Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten.

  • Wie stehen Sie zu  Überwachungsdrohnen, Transportdrohnen im öffentlichen Raum?
  • Was planen Sie zum Schutz der Bevölkerung vor der privaten und öffentlichen Überwachung durch Drohnen?
  • Wie kann sich der Nutzer von der Haftung für Softwarefehler befreien?
  • Wie wollen Sie die Sicherheit Unbeteiligter bei zunehmendem „lokalen“ Luftverkehr schützen?
  • Wie wollen Sie die Bevölkerung vor der zu erwartenden Lärmverschmutzung schützen?

7. Biometrie 1

Zum Gesetz zur Förderung des elektronischen Identitätsnachweis
Biometrische Merkmale in Reisepässen und Personalausweisen unterliegen zahlreichen Gefahren durch Missbrauch (Identitätsdiebstahl, Cyberkriminalität). In Reisepässen ist diese Form der digitalisierten Körperabmessung verpflichtend. Diese Daten werden seit 2017 auch in zentralen Datenbanken gespeichert und sind durch diverse Behörden jederzeit abrufbar. 

  • Wie sollte die Entscheidungs­freiheit für Menschen gewähr­leistet werden, die eine Abbildung oder Vermessung durch technische Geräte außerhalb medizinischer Notwendigkeit ablehnen (z.B. aus Glaubensgründen)?
  • Wie stehen Sie zu der Absicht, dass künftig die Abgabe des Fingerabdrucks für den elektronischer Personalausweis verpflichtend werden soll?
  • Wie wollen Sie den Bürger unterstützen, dass seine Daten von RFID-Chips nur bei echtem physischen Zugriff gelesen werden können?
    (Sicherheitsetui gegen NFC Zugriff, Verhinderung des Extended Access Control Zugriffs)

8. Biometrie 2

Die Vermessung des Körpers zur Identitätsfeststellung und -verfolgung schreitet voran
(Gendaten, Gesichtsbiometrie, Fingerabdrücke, intelligente Videoüberwachung...)
Dies sind medizinisch nicht notwendige Vermessungen. Die Menschen empfinden diese Formen der Vermessung als einen Eingriff in ihre Intimsphäre.

  • Befürworten Sie ethische Richtlinien zum Einsatz der Vermessungsgeräte?
  • Wie werden meine Persönlichkeitsrechte beim Einsatz solcher Vermessungsgeräte gewährleistet?
  • Welche Grenzen setzen Sie in der Körpervermessung?
  • Ist es möglich, medizinisch nicht-notwendige Körpervermessung abzulehnen?
  • Bedeutet das Bestehen auf Datensouveränität eine Einschränkung meiner Reisefreiheit ? (kein Zugang zu einem Pass)

9. Unangemessener/falscher Umgang mit Daten seitens Behörden

Stichworte: Lagerung von Polizeiddatenbanken bei Amazon,
Gesetz zur Förderung des elektronischen Identitätsnachweises und  Videoüberwachungsverbesserungsgesetz

  • Wie wird sichergestellt, dass diese Regelungen/Handlungen nicht missbraucht werden,  zum Beispiel zu privaten und kommerziellen Zwecken?
  • Wie stehen Sie zur automatisierten Identitätserkennung und Verhaltensinterpretation durch Videoüberwachungstechniken?
  • Wie wollen Sie die Sicherheit der Daten vor kriminellem Zugriff garantieren?

10. Pilotprojekte und Tests zur Erfassung und Zuordnung biometrischer Daten im öffentlichen Raum

Projekte wie die Gesichtserkennung am Bahnhof Berlin Südkreuz führen zu einer anlasslosen Erfassung aller Passanten. Selbst der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hielt das Vorgehen am Bahnhof Südkreuz Berlin für fragwürdig bezüglich der Rechtsgrundlagen. Grundrechte wie die Informationelle Selbstbestimmung werden hier ausgehebelt.

  • Welche ethischen und rechtliche Standards zu dieser Form der Datenerfassung sollten festgelegt werden?
  • Wie kann die Freiwilligkeit der Erfassung für die Reisenden garantiert werden? (ohne die Reisefreiheit einzuschränken)
  • Wie können sich Bürger, die nicht erfasst werden wollen, vor solchen Projekten schützen?
  • Wie bewerten Sie solche Projekte?

11. Zusammenführung von staatlichen Datenbanken

Die EU plant die Zusammenführung diverser Datenbanken auf dem Sicherheitssektor (SIS-II, VIS, EURODAC, EU-LISA, EASO, ECRIS, ...).

  • Wie soll die Sicherheit der Daten gewährleistet werden, wenn das schon bei einzelnen nationalen Datenbanken nicht funktioniert? (Zugriff aus privatem Interesse, Missbrauch, Hacking)
  • Wird diese Zusammenführung langfristig auch die Flugreisedatenbanken in der EU betreffen?

12. Gesundheitskarte und zentrale Datenspeicherung / Krankendaten

Derzeit wird das zentrales Krankenkassennetz ausschließlich zwischen Krankenkassen untereinander benutzt. Es ist geplant dieses im „erweiterten Netz“ für „berechtigte private Interessenten“ zu öffnen.
Wir bekommen häufig Meldungen von Bürgern denen eine hausärztliche Behandlung aufgrund fehlender Gesundheitskarte bzw. kein Nachweis einer Versicherungsmitgliedschaft verweigert wurde.

  • Wer soll nach Ihrer Ansicht mit welchen Kriterien einen Zugriff in dem „erweiterten Netz“ erhalten?
  • Wie stellen Sie sich eine übernationale Erweiterung dieses Netzes vor?
  • Wie kann eine Behandlung eines Versicherten ohne eine Karte/ Nachweis einer Versicherung und außerhalb eines Notfalls garantiert werden?
  • Ist auch künftig eine Behandlung eines Versicherten ohne eine Karte noch möglich?
  • Welche Instanz sollte nach Ihrer Ansicht Gesundheits-Apps auf ihre Funktion und die Sicherheit der Daten prüfen?

13. Datenhandel

Gesellschaftlich hat sich die Schufa als Kontrollinstitut etabliert (Mietverträgen, Autokäufen, Kredite)  Die Schufa ist ein privates, eigenständiges, nichtstaatliches Unternehmen.
Persönliche Daten werden bei Zahlungsunfähigkeit, irrtümlichen Banküberweisungen, Verwechslungen, Zahlungsausständen u.a. seitens der Unternehmen fristlos, ohne Benachrichtigung (Mahnung) und ohne Zustimmung des Betroffenen an Inkassounternehmen und dann an die Schufa weitergeleitet. Die Folge davon sind Einschränkung in diversen Lebensbereichen.

  • Warum müssen sich die Bürger einem privaten Kontrollunternehmen unterwerfen?
  • Wie stehen Sie zum Datenhandel durch Schufa und Inkassounternehmen?
  • Was werden Sie zum Schutz der Betroffenen tun und wie soll eine europäische Lösung dafür aussehen?

14. Netzneutralität

Netzneutralität bedeutet gleichberechtigten Datentransport im Internet.

  • Unterstützen Sie das gesetzliche Festschreiben der Netzneutralität?
  • Wie wollen Sie Netzneutralität langfristig gewährleisten?

15. Online-Überwachung

Deep-packet-inspection ist die Analyse des Datenstroms zwischen Sender und Empfänger. Diese findet durch Provider aber auch durch Geheimdienste ohne jegliche Zustimmung und ohne Wissen der Betroffenen statt.

  • Welches ist die Rechtsgrundlage für Deep-packet-inspection?
  • Was wollen Sie gegen diese Tiefenkontrolle des Datenstroms unternehmen?

16. Whistleblower-Schutz

  • Werden Sie sich weiter für den rechtlichen Schutz von Whistleblowern einsetzen?
  • Unterstützen Sie den am 15.3.19 in der EU gefundenen Kompromiss?

17. Open Software

Im Rahmen des Digitalpakts stehen nun in Deutschland für Bildungseinrichtungen bedeutende Mittel zur Verfügung.

  • Ich werde mich für Maßnahmen stark machen, die die Nutzung und Verbreitung von freier Software (Open Source Software) erlauben und fördern.
  • Öffentliche Einrichtungen und Projekte, die öffentliche Fördergelder aus dem EU-Haushalt erhalten, sollten freie Software (Open Source Software) einsetzen.
  • In welcher Form soll Open Source Software bei den Maßnahmen zur Digitalisierung in den Schulen eingesetzt werden?
  • Wie wollen Sie sicherstellen, dass bei der Mittelvergabe auch andere als die Global Player dabei zum Zuge kommen?
  • Welche präventiven Maßnahmen zur Einschränkung von Mediensucht sollten bei der Digitalisierung in Schulen eingesetzt werden? (Verhindern von: Gaming disorder, Fokussierung auf Mediennutzung und physischen Probleme)


Wir bedanken uns für Ihr Interesse und Ihre Arbeit.


Die Auswertung folgt ...


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Created: 2019-03-31 08:50:01


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