Berlin: Frieden durch Recht?

Beginn: Fr 26. Jun 19:00:00 CEST 2009
Ende:   Sa 27. Jun 19:00:00 CEST 2009
Ort:   Humboldt-Universität zu Berlin, Fachbereich Jura, Bebelplatz 1, 10117 Berlin
Geodaten: (0),(0)
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Kontakt: IALANA Geschäftsstelle, Schützenstr. 6a , 10117 Berlin

ialana_1Frieden durch Recht?

Konferenz der Deutschen Sektion der International Association of Lawyers Against Nuclear Arms (IALANA)

26./27. Juni 2009

(Download des Programms als PDF)

Humboldt-Universität zu Berlin
Fachbereich Jura
Bebelplatz 1
10117 Berlin

Veranstalter: IALANA (Juristen und Juristinnen
gegen atomare, biologische und chemische Waffen)

In Zusammenarbeit mit:

  • European Association of Lawyers for Democracy and World Human Rights (ELDH)
  • Neue Richtervereinigung e.V. (NRV)
  • Republikanischer Anwältinnen und Anwälte Verein e.v. (RAV)
  • RichterInnen und StaatsanwältInnen in Ver.di
  • The European Law Students‘ Association (ELSA)
  • Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. (VDJ)
  • Vereinigung Deutscher Wissenschaftler e.V. (VDW)

Überlegungen zu der Konferenz "Frieden durch Recht"

1. Der I. Weltkrieg verursachte ca. 15 Millionen Kriegstote, der II. Weltkrieg
mehr als 55 Millionen und in den über 200 Kriegen, die seit 1945
stattgefunden haben, kamen ca. 25 bis 35 Millionen Menschen um (ca. 70
bis 90 % waren Opfer aus der Zivilbevölkerung). Allein der 2003 begonnene
US-geführte Angriffskrieg der "Koalition der Willigen" gegen
Irak soll bis 2006 ca. 655.000 Menschen das Leben gekostet haben.
Schon die Zahlen zeigen: Die Menschheit war in ihrer Geschichte – bis
heute – nicht besonders produktiv bei der Beantwortung der Frage: Wie
bringt man die vielfältigen und vielfach gegenläufigen Interessen sowie die
auseinanderstrebenden Willen der Individuen, Gemeinschaften, Völker und
Staaten in einen das friedliche Zusammenleben ermöglichenden Rahmen?
Wie ist der Kampf aller gegen alle zu vermeiden, wie ist die Verfolgung
individueller und gemeinsamer Interessen aufeinander abzustimmen?
Soziologen sagen uns: Die Menschheit hat im Grunde bisher nur vier
solcher Steuerungsmittel gefunden: Macht, Markt, Moral und eben das
Recht. Das gilt nicht nur für den innergesellschaftlichen und innerstaatlichen
Bereich, sondern auch für die internationalen Beziehungen.

2. Recht kann Frieden nicht bewirken, aber es ist für Frieden unverzichtbar.
Im Verhältnis von Recht und Macht liegt der bedeutendste Nutzen des
Völkerrechts in den internationalen Beziehungen darin, die Gewaltanwendung
bei der Austragung und Lösung von Konflikten auf ein anderweitig
nicht erreichbares Minimum zu beschränken. Macht reicht dazu nicht aus.
Auch der Markt mit seinen strukturellen Defiziten kann dies nicht erreichen,
ebenso wenig wie die Steuerungsressource Moral.

Das Verhalten der Staaten und anderen Völkerrechtssubjekte zueinander
berechenbarer zu machen, gehört zu den wichtigsten friedenssichernden
Funktionen des Völkerrechts.

Völkerrecht schafft zudem institutionelle Rahmenbedingungen für den
Verzicht oder jedenfalls die Begrenzung von Gewalt. Es stellt Regeln und
Verfahren für die Austragung, Regelung und Beilegung von Streitigkeiten
zur Verfügung. Hier haben vor allem auch internationale Organisationen
und Institutionen, die ihrerseits auf völkerrechtlichen Verträgen und
Abmachungen beruhen, ihre wichtige Funktion. Dazu gehört die im
Angesicht der - von Deutschland ausgehenden und für mehr als 50 Millionen
Menschen tödlichen - Massaker des 2. Weltkrieges geschaffene UN-Charta, eine der bedeutendsten zivilisatorischen Errungenschaften der
Menschheitsgeschichte.

3. Wir müssen dennoch immer wieder die bestürzende Erfahrung machen:
Gerade die Normen des Völkerrechts, die auf die Bewahrung und Schaffung
des Friedens ausgerichtet sind, aber auch die Gewaltverbote und
Friedensgebote des nationalen Rechts werden immer wieder missachtet,
gerade auch von denen, die einen Amtseid auf die Verfassung und damit
zugleich auch auf das geltende Völkerrecht geleistet haben. Dies geschieht
nicht nur durch Regierungen und Exekutivorgane, die sich in ihrer Außenpolitik
nach ihren Worten immer nur für „den Frieden“ einsetzen. Es gilt
auch für Gerichte, deren Entscheidungen friedensrechtliche Gebote fahrlässig
übersehen, übergehen oder gar missachten. Die jüngere und jüngste
Vergangenheit bietet dafür zahlreiche illustrative Beispiele, auch für
Deutschland:
• die aktive politische und militärische Beteiligung am Krieg der
NATO-Staaten gegen Jugoslawien,
• die direkte und indirekte Unterstützung für die US-geführte „Koalition
der Willigen“ im Krieg gegen Irak (Gewährung von Überflugrechten,
Gestattung der unkontollierten Nutzung der inländischen
Infrastruktur und Militärbasen, logistische und nachrichtendienstliche
Kooperation bei der Kriegsführung bis hin zur
Zielauswahl, Missachtung der Neutralitätspflichten aus dem V.
Haager-Abkommen etc.),
• die Hinnahme von oder gar Mitwirkung an Menschenrechtsverletzungen
im „Krieg gegen den Terror“ (z.B. Duldung von
Flügen im deutschen Luftraum und Nutzung des deutschen
Territoriums im Rahmen von Renditions-Aktionen u.a. der CIA;
Übernahme und Verwertung von „Folter-Geständnissen“; menschenrechtswidrige
Schutzverweigerung für Guantanamo-Häftlinge
z.B. im Falle Kurnaz; Behinderung der Strafverfolgung von Folter-
Verantwortlichen),
• die Weigerung, (auch) für Militäreinsätze der Bundeswehr und für
die militärische Nutzung von ausländischen Militärbasen in
Deutschland die obligatorische Gerichtsbarkeit des Internationalen
Gerichtshofs in Den Haag anzuerkennen,• entgegen dem Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs
vom 8. Juli 1996 weiterhin an der NATO-Nuklearstrategie festzuhalten,
die die Androhung und den Einsatz von Atomwaffen
vorsieht, und im Rahmen der „nuklearen Teilhabe“ diesen aktiv zu
üben,
• die fortlaufende Missachtung der in Art. VI des Atomwaffensperrvertrages
normierten Verpflichtung aller Staaten, dafür einzutreten
unverzüglich in redlicher Absicht Verhandlungen über eine
vollständige nukleare Abrüstung aufzunehmen und zum Abschluss
zu bringen.

4. Dabei gibt es das „Friedensgebot“ des Grundgesetzes und der UNCharta,
das vom Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen zu
Bundeswehreinsätzen im Ausland vielfach rhetorisch herangezogen, jedoch
in seinen Wirkungen weder praxisnah entfaltet noch hinreichend zur
Wirksamkeit gebracht wird.

Es ist deshalb dringend an der Zeit, die konkreten Inhalte und Funktion(en)
der Friedensgebote des Grundgesetzes und des geltenden Völkerrechts neu
zu vermessen. In welcher Weise können Juristinnen und Juristen bei deren
Anwendung und praktischer Umsetzung wirkungsvoller mitwirken? Dazu
gehört auch die kritische Frage, ob das geltende Völkerrecht in seinem
heutigen Zuschnitt in der Lage ist, diese Friedensgebote implementieren zu
helfen? Ist eine stärkere Verrechtlichung der internationalen Beziehungen
sinnvoll und wünschenswert? Welche Rolle kann dabei innerstaatlichen
und internationalen Gerichten zukommen? Empfiehlt es sich, z.B. bei
Verletzungen des völkerrechtlichen Gewaltverbotes oder anderer
völkerrechtlicher Delikte stärker auf strafrechtliche Verfahren gegen
Entscheidungsträger zu setzen, in welcher Weise? Können zivilgerichtliche
Schadensersatzklagen (Amtshaftung) dazu beitragen, den Krieg als Mittel
der Politik unattraktiver zu machen?

Zu diskutieren ist auch, ob sich die Herausbildung und Schaffung eines
neuen Rechtsgebiets, des „Friedensrechts“ empfiehlt, um jedenfalls die
Komplexität der friedensrechtlichen Quellen zu ordnen, inhaltlich zu klären
und das Bewusstsein für die Zusammenhänge zu schärfen. Könnte so
allgemein und insbesondere den Rechtsanwendern auch besser bewusst
gemacht werden, welche friedensrechtlich relevanten Normen höherrangigen
Rechts sie in ihrer Berufspraxis bei der Anwendung einfachen Rechts
beachten müssen?

5. Zur Diskussion dieser Fragen ruft die IALANA zusammen mit den
Mitveranstaltern für den 26. und 27. Juni 2009 in- und ausländische
Fachleute, Richterinnen und Richter, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte,
StrafrechtlerInnen, SozialwissenschaftlerInnen, PolitikerInnen,
Studentinnen und Studenten, VerwaltungsjuristInnen und interessierte
Bürgerinnen und Bürger in die Berliner Humboldt-Universität, um in
Plenarveranstaltungen, Workshops und Panels Erfahrungen und Know
How auszutauschen, Antworten zu finden und auch den Versuch zu
unternehmen, ein Netzwerk für die weitere Kooperation von friedensrechtlich
Interessierten zu schaffen. Es wäre schön, wenn Sie mittun
würden.


Berlin im April 2009

Programm

Freitag, 26. Juni 2009:
19:00 Uhr Begrüßung durch den Vorsitzenden der
deutschen IALANA,
RA Dr. Peter Becker, Marburg

19:15 Uhr Völkerrechtliche Verpflichtung zur nuklearen und
allgemeinen Abrüstung?
Referat:
• Dr. Peter Weiss, Vize-Präsident IALANA,
New York, USA

20.00 – 21.30
Frieden durch Recht? -
Überlegungen politischer Köpfe
• MdB Dr. Gregor Gysi (Linke), Berlin
• MdB Dr. Hermann Scheer (SPD), Berlin
• MdB Willy Wimmer (CDU), Berlin

21:30 Uhr Social Event

Samstag, 27. Juni 2009:
Plenum:

9:30 Uhr Eröffnung und Begrüßung
Plenum:

9:45 – 11:00 Uhr Das Friedensgebot des GG und der UN-Charta
Juristische Perspektive:
• Dr. Dieter Deiseroth, Düsseldorf/Leipzig
Politologische Perspektive:
• Prof. Dr. Lothar Brock,
Universität Frankfurt/Main
Moderation:
• RA Otto Jäckel, Wiesbaden

11:00 – 11:15 Uhr Kaffeepause

Plenum:
11:15 – 12:15 Uhr Militärische Aggression im Verfassungsrecht,
Völkerrecht und Völkerstrafrecht
Referat:
• Prof. Daniel-Erasmus Khan,
Bundeswehr Universität München
Moderation:
• Richter i.R. Christoph Strecker, Stuttgart

Plenum:
12:15 – 13:00 Uhr An den Grenzen der Steuerungsfähigkeit des Rechts:
Kann und soll es militärischer Gewalt Schranken
setzen?
Referat:
• Prof. Dr. Michael Bothe,
Universität Frankfurt/Main
Moderation:
• Reiner Braun, Berlin
13:00 – 14:00 Uhr Mittagessen

Plenum:
14:00 – 14:45 Europa, Frieden, Militarismus und Recht
Referat:
• Prof. Andreas Fisahn, Universität Bielefeld
Moderation:
• Richter i.R. Bernd Hahnfeld, Köln

Workshop 1:
14:45 – 15:45 Uhr
Rechtsschutzmöglichkeiten gegen eine
völkerrechtswidrige Nutzung deutschen
Hoheitsgebiets und Luftraums durch ausländische
Streitkräfte

Impulsreferate mit Diskussion:
• Dr. Felix Hanschmann,
Max-Planck-Institut für ausl. Öffentliches
Recht und Völkerrecht, Heidelberg
Aus der Anwaltsperspektive:
• Dr. Peter Becker, Marburg
• RA Wolfgang Baumann und
RA Franziska Heß, Würzburg
Moderation:
• Prof. Dr. Rosemarie Will, HU Berlin

Workshop 2:
14:45 – 15:45 Uhr Strafrechtliche Verfolgung von hochrangigen politisch
und militärisch Verantwortlichen wegen Verstößen
gegen das humanitäre Völkerrecht („ius in bello“)
nach nationalem und internationalem Recht

Impulsreferate:
• RA Wolfgang Kaleck,
European Center for Constitutional and
Human Rights, Berlin
• Prof. Dr. Jörg Arnold,
Vorstand des Republikanischen Anwältinnenund
Anwältevereins, Freiburg/Br
Moderation:
• RA Carsten Gericke,
Geschäftsführer des Republikanischen
Anwältinnen- und Anwältevereins

Workshop 3:
14:45 – 15:45 Uhr Zivilrechtliche Staatshaftungsansprüche bei
völkerrechtswidrigen militärischen Einsätzen

Impulsreferat:
• Prof. Dr. Peter Derleder,
Universität Bremen
Moderation:
• Robin Borrmann,
Universität Frankfurt/Oder

Workshop 4:
14:45 – 15:45 Uhr NS Kriegsverbrechen und Entschädigungszahlungen
Referate:
• RA Dr. Joachim Lau, Florenz, Italien
• Grietje Baars,
European Center for Constitutional and
Human Rights, Niederlande
Moderation:
• RAin Helga Wullweber, Berlin

Workshop 5:
14:45 – 15:45 Uhr Friedenssprache und Friedenserziehung
Referat:
• Wiss. MA Simone Emmert, FHWS Würzburg

Workshop 6:
14:45 – 15:45 Uhr Atomwaffen und Völkerrecht - Back to the Court?
Referate:
• Phon van den Biesen, Amsterdam,
Niederlande (angefragt)
• MdB Prof. Dr. Norman Paech, Berlin
• Richter i.R. Bernd Hahnfeld, Köln
Moderation:
• Reiner Braun, Berlin

15:45 – 16:00 Uhr Kaffeepause

Podiumsdiskussion:
16:00 – 17:15 Uhr „Humanitäre Intervention“, „Responsibility to
Protect”, “Preemptive Strike” – Ausnahmen vom
völkerrechtlichen Gewaltverbot?
Referate mit Diskussion:
• Dr. Hans-Joachim Heintze, Bochum
• Prof. Dr. Norman Paech, Berlin
Moderation:
• RA Otto Jäckel, Wiesbaden

Schlußplenum:
17:30 – 18:30 Uhr Skizzierung gemeinsamer Zukunftsprojekte eines
„Netzwerks Friedensrecht“ („Friedensrechtler“ aus
Universitäten, Friedensforschungsinstituten, NGOs,
Max-Planck-Instituten, Studenten, Anwaltschaft,
Bürgerrechtsorganisationen)
Impulse:
• Gerd Herzberg, ver.di-Bundesvorstand,
stellv. Vorsitzender, Berlin
• Prof. Dr. Götz Frank, Universität Oldenburg
• Dr. Hans-Joachim Heintze,
Universität Bochum
• Wiss. MA Ursel Reich, Universität Konstanz
• Dr. Patricia Schneider, Universität Hamburg
• Prof. Dr. Christian Tomuschat, FU Berlin
• Vertreter von ELSA
Moderation:
• Dr. Peter Becker, Marburg

abends Aus Anlass des 20-jährigen Bestehens der IALANA:
Bootsfahrt durch Berlin mit Imbiss

Stand: 25.04.09

Organisatorische Hinweise

Anmeldung bitte per
Postkarte an:
IALANA Geschäftsstelle, Schützenstr. 6a , 10117 Berlin
Fax: +49 30 20654858 /
Email: kongress@ialana.de
Stichwort: Konferenz „Frieden durch Recht“
1. Veranstaltungsort:
Humboldt-Universität zu Berlin
Fachbereich Jura
Bebelplatz 1
10117 Berlin
gegenüber vom Hauptgebäude der Humboldt-Universität,
Unter den Linden 6
2. Anreise:
S+U Bahnhof Friedrichstraße oder
S-Bahnhaltestelle Unter den Linden
3. Unterkunft:
Bitte wenden sie sich an das Verkehrsbüro Berlin:
www.berlin-tourist-information.de
Hotline Hotelservice: 030/250025
4. Verpflegung:
Verpflegung für die Teilnehmer ist am Tagungsort gewährleistet.
5. Auskunft:
Für Auskünfte steht Ihnen die IALANA Geschäftsstelle unter der
Telfonummer: 030/20654857 zur Verfügung.
E-Mail Anfragen richten Sie bitte unter dem Stichwort „Frieden durch
Recht“ an kongress@ialana.de

6. Teilnahmegebühren:
Berufstätige: 30 Euro
Studierende und Erwerbslose: 5 Euro
Sonderregelungen sind nach Absprache mit der IALANA Geschäftsstelle
möglich.
Wir bitten die Teilnahmegebühr auf das folgende Konto zu überweisen
(oder bei der Konferenzanmeldung vor Ort zu entrichten):
Bankverbindung:
Konto-Nr.: 1000 668 083
BLZ: 533 500 00
Sparkasse Marburg-Biedenkopf
Stichwort: Konferenz 2009

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