13.10.2022 Jahreskonferenz "Forum Privatheit"
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Daten-Fairness in einer globalisierten Welt

So lautet der Titel des diesjährigen Forum Privatheit. Die Konferenz findet heute und morgen im Humboldt Carre in Berlin statt. Nachdem die letzten beiden Konferenzen im wesentlichen Online stattgefunden hatten, sind in diesem Jahr wieder viele Besucher vor Ort. Zusätzlich werden die Beiträge gestreamt.

Die Themen der Veranstaltung finden sich hier https://www.forum-privatheit.de/jahreskonferenz-2022/

Informatiker gestalten die Welt – das darf nicht auf die Technik reduziert werden.

Der Schwerpunkt liegt also auf dem schwer zu definierendem Begriff der Fairness. Fairness deutet an, dass sich die "Partner", also der Nutzer des Internets und die Anbieter auf einen gemeinsamen Ausgleich ihrer Interessen einigen. Davon sind wir bei den heutigen Strukturen des Internets und den Macht- und Besitzverhältnissen meilenweit entfernt.

Insofern ist es zu begrüßen, dass im Beitrag des Geldgebers, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) weitere 75 Millionen Euro für den dringend notwendigen Forschungsschwerpunkt Anonymisierung zugesagt wurden. Wie man sich derzeit gegen den Missbrauch seiner Daten durch die Big5 oder auch GAFAM, also Google, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft wehren kann, um zu einen faireren Umgang miteinander zu kommen, waren die Inhalte der Beiträge des Tages.

  • "Datenschutz, Wettbewerbsrecht und Verbraucherschutz: Zur Notwendigkeit der Lösung von Marktversagensproblemen"
  •  "Ökonomie der Privatheit"
  • Die Erkennung und Bekämpfung von Desinformation in Diensten mit Messenger-Funktionen
  • "Das habe ich so in einer Studie gelesen!" – Zur Verbreitung von wissenschaftlich anmutender Desinformation im Gesundheitskontex
  • Die Blockchain vergisst nichts? – Pandoras Box, Blockchainregulierung und Data Governance
  • Algorithmic Unfairness, Infrastructure, and Genealogies of Data
  • Gestaltungsanforderungen für die Umsetzung von Daten-Fairness
  • Zur Entmystifizierung des Vertrauensarguments, oder: Welche Rolle spielt Vertrauen bei der Nutzung datenverarbeitender Dienste?
  • „Drittstaatentransfers“
  • Gender, labor, and power in the history of computing
  • ...

Die Aufzählung ist nicht vollständig, weil mehrere Panels gleichzeitig abliefen aber nur 2 Aktive von Aktion FsA bei der interessanten Veranstaltung dabei sein können.

Die Erkenntnisse der Tage

  • Datenschutz ist Menschenschutz - es geht nicht um die Daten "an sich". Damit ist Datenschutz ein Teilbereich des Vebraucherschutzes.
  • Die DSGVO ist gut, aber die Big5 sind schlauer - Mit einer Einwilligung kommt ein Vertrag über die Nutzung unserer Daten zustande.
  • Die DSGVO mag ein Problem für die KMU (kleine mittlere Unternehmen) sein, die Großen leben gut mit der Einwilligung.
  • Wegen der Marktungleichheit kommt es eigentlich nie zu einer "informierten freiwilligen Einwilligung"
  • Der EU Digital Markets Act soll eine zusätzliche Schranke vor der Einwillung sein - seine zukünftige Wirkung ist jedoch fraglich.
  • Ökonomie des Datenschutzes: Datenschutz lohnt für Betriebe nicht - Die Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden liegt fast bei Null.
  • Die Blockchain ist mit der DSGVO eigentlich unvereinbar - Recht auf Vergessen/Löschung und viele unbekannte Datenverantwortliche ...

Und am nächsten Tag (14.10.) ging es weiter ...

Alex Hanna zu den Problemen der Gesichtserkennung: Hunderte Millionen von Fotos werden täglich dazu benutzt, Um die die Gesichtserkennungstechniken zu verbessern. Dabei sind die meisten Gesichter Weiß und männlich. Dies definiert einen unfairen Umgang bei der Gesichtserkennung, denn die Ungleichheit ist in den Datensätzen bereits vorgegeben. Gesichtserkennung mittels künstlicher Intelligenz ist außerdem alles andere als nachhaltig. Der CO2 Fußabdruck dieser Technik ist gewaltig.

Anonymisierung von Gesundheitsdaten durch das Hinzufügen eines Rauschen ist ein Mittel persönliche Daten zu anonymisieren, um sie der Forschung zugänglich zu machen.

Das unabhängige Landesamt für Datenschutz (ULD) in Schleswig-Holstein berichtet über Fairness bei Design.

Diskussion über den Begriff des Vertrauens: Vertrauen ist die Voraussetzung für die Nutzung von technischen Diensten. Besteht Vertrauen zu dem Annbietenden so ist dies eine Win-Win Situation für beide Seiten. Deshalb sollten sich die Anbieter darum bemühen Vertrauen zu verdienen.
Neben Bemerkung: die BlogChain hat das Vertrauen durch die Verkettung aller Glieder bereits eingebaut.
Der Vertrauensbegriff ist nicht ausreichend, wie der Skandal um die Wahlbeeinflussung in Großbritannien durch Cambridge Analytics zeigte.

  • Direkt nach dem Skandal misstrauten 88 % Facebook.
  • Ein Drittel der Nutzer gaben 2018 an, sie wollten Facebook verlassen.
  • 2020 ist die Anzahl der Facebook Nutzer bereits weit über die Zahl von 2018 gestiegen.

Die Halbwertszeit von aktuellen Ereignissen und Reaktion darauf ist kurz. Deshalb ist der Vertrauensbegriff unbegründet oder sogar unsinnig als ein Maß für die Möglichkeiten der Zusammenarbeit.

Der Transfer von Daten in Drittstaaten: Nach dem EuGH Urteil "Schrems II" dürfen keine Daten in die USA exportiert werden ohne die Einwilligung des Besitzers. Die Abkommen mit den USA, wie Safe Haber, Privacy Shield, sollen jetzt ergänzt werden durch das Data Privacy Framework. Auch darin sind das Handeln der US-Sicherheitsbehörden nicht geregelt. Die einzige Verbesserung ist statt eines ominösen Gremiums ein angebliches Gericht, das allerdings immer noch nicht unseren europäischen Standards genügt. Wieder wird darauf abgehoben, dass wir der anderen Seite, in diesem Falle den USA, vertrauen. Vertrauen ist jedoch nicht ausreichend, weil wir unsere Grundrechte damit praktisch abgeben oder auf deren Durchsetzung verzichten.

Mar Hicks: Woman Gender Power: Während in den vierziger Jahren vor allen Frauen in der Computer-Industrie tätig waren, wechselte dies bis in die Sechzigerjahre ( Zeit der Großrechner/Mainframes) zu einer Männer Domäne. Am Beispiel des Falles von John Ferguson erläutert Mar Hicks die Diskriminierung von Menschen, die im Laufe ihres Berufslebens das Geschlecht wechseln. Bis in die siebziger Jahre (Equal Pay Law) gab es in Großbritannien große Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen. Wurde im Berufsleben das Geschlecht geändert, so ergaben sich Fehler in der Rentenberechnung. Daraus ergab sich, dass (geheim) Listen geführt wurden, die den Geschlechtswechsel dokumentierten. In der Programmierung führte dies schließlich zu der Geschlechtsbezeichnung Trans, die allerdings bei der Rentenberechnung den Wechsel nicht entsprechned berücksichtigte, sondern zu einem Fehler führte, der dann jeweils manuell korrigiert werden musste.

Die Listen, Beziehungsweise die Einträge in die Rentendatenbank wurden in diversen Fällen mit Polizei Datenbanken abgeglichen, was zu einer lebenslangen Diskriminierung für die Betroffenen führte. Auch bei anderen technischen Innovationen gab es diese Diskriminierung, so zum Beispiel beim Nackt-Scanner, bei der biometrischen Gesichtserkennung und im Identity Assignment.


Abschließend ist zu hoffen, dass die Vorträge auch später noch Online zu finden sind.

Mehr dazu bei https://www.forum-privatheit.de/jahreskonferenz-2022/


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Created: 2022-10-13 18:16:53


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